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 Der UN-Klimagipfel Nr. 19. in Warschau ist nun endlich vorbei. Wie üblich ist dabei nichts rausgekommen, was irgendwie unter Klimaschutz verbucht werden könnte. „Immerhin keine Rückschritte“ titelt die Die Süddeutsche. Na schön wär´s. Tatsächlich haben sich ein paar brandgefährliche Entwicklungen verfestigt, die mit etwas Pech den Sargnagel für´s Klima bedeuten. Man muß nur ein bisschen um die Ecke denken…

1. Der Einfluß der Fossil-Lobby nimmt zu

Wenn Klimakonferenzen tatsächlich zum Ziel hätten, das Ende des fossilen Zeitalters einzuläuten, dann müssten es Horrorveranstaltungen für die Fossilbranche sein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Halbtote Klimapolitik fetzt den Konzernen und COP 19 in Warschau war mutmaßlich ein besonders schöner Gipfel für die Betreiber großer Dreckschleudern. Denn auf Gastgeber Polen als Blockierer im Klimaschutz ist Verlass, allen voran auf Polens Premierminister Tusk („Die Zukunft der Energie Polens liegt in Braun- und Steinkohle“). Die Branche revanchierte sich schon im Voraus, indem sie die Veranstaltung gleich mit Millionenbeträgen unterstützte.

Mit dabei einige der übelsten Klimasünder wie der polnische Braunkohlekonzern PGE, der Stahlkonzern Arcor Mittal und der französische Stromriese Alstrom. Emirate Airlines subventionierte sogar die Anreise von Konferenzteilnehmern mit 10 % Rabatt. Empörung über den „Gipfel des Lobbyismus“ (TAZ) gab zwar reichlich, aber ansonsten lief die Sache glatt über die Bühne. Symptomatisch war das Statement von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: „Für eine Lösung des Klimaproblems brauchen wir die Energiekonzerne.“ Diese tagten dann – welch ein Zufall – auch noch gleich um die Ecke beim „International Coal and Climate Summit“ des Weltkohleverbandes (WCA).

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Dreckschleuder von PEG (Polska Grupa Energetyczna): Braunkohlekraftwerk und Tagebau in Bełchatów

Eine derartige ungenierte Präsenz ist nicht nur eine Zurschaustellung der Macht der Konzerne. Es ist ein deutliches Zeichen, wie pathologisch die Lage der internationalen Klimapolitik insgesamt ist. Und ich würde es sogar noch drastischer formulieren. Internationale Klimapolitik ist nicht einfach nur wirkungslos, sondern sie dient inzwischen sogar der Legalisierung der Klimakrise. 1: 0 für die Fossilindustrie.

2. Das Desinteresse der Öffentlichkeit

Ein weiteres Indiz für Veränderung des Kräfteverhältnisse im Klimaschutz ist die magere Berichterstattung der Medien. Was interessieren auch schon immer wiederkehrende Negativmeldungen über faule Kompromisse, wirkungslose Beschlüsse und gescheiterte Gipfel. Im selben Maße wendet sich die Öffentlichkeit ab, nicht nur von der Klimapolitik, sondern vom Klimawandel als Thema an sich. Damit fehlt also auch noch der Druck von unten. Die Folgen spürt auch die  Klimaschutzbewegung. Zwar schafften es  Greenpeace und Co. noch einmal, ein paar hundert Aktivisten auf die Straße zu bringen, aber wie jämmerlich wirkt das im Vergleich zu den massiven Protesten junger Leute in Kopenhagen. Daß die NGO´s diesmal aus Protest schon vorzeitig abreisten, war schon kaum mehr eine Zeitungsmeldung wert. Ein Symptom für deren Hilflosigkeit und schleichenden Bedeutungsverlust. Schuld daran ist die Szene teilweise selbst. Die formale Einbindung in die Klimaverhandlungen hat die NGO´s nun in denselben Sog aus Stagnation und Resignation gezogen. Und anfällig gemacht für den Vorwurf, ihre Präsenz auf der großen Bühne mit der Rolle als politisches Feigenblatt zu erkaufen. Das nagt an der Glaubwürdigkeit und verschiebt die Machtbalance weiter in Richtung der Großkonzerne. Auch das ein indirekter Erfolg der Fossillobby. Daher 2:0.

3. Loss and Damage

Eines der wenigen Verhandlungsergebnisse von Warschau war der Beschluss, einen Kompensationsfond zur Finanzierung von Klimaschäden zu gründen. Dies wurde im Allgemeinen als Erfolg für die Entwicklungsländer bewertet. Nun ja, ich sehe die Sache ein bisschen anders. Theoretisch ist es sicher eine gute Idee, den Wiederaufbau nach Katastrophen wie den Taifun „Haiyan“ durch einen solchen Fond zu finanzieren. Würde die Finanzierung nach dem Verursacherprinzip (polluter-pays-principle) erfolgen, wäre es sogar ein echter Erfolg. Nicht nur rein finanziell. Es würde endlich mal die Haftung für die Folgen des Klimawandels klären. Doch kaum zu glauben, dass dies jemals so kommen wird. Eher wird es ein weiterer fauler Ablasshandel, bei dem sich die Industrieländer die Zustimmung zu  Loss-and-Damage mit Zugeständnissen bei den Reduktionszielen vergolden lassen. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass die Rechnung wirklich von den eigentlichen Verursachern gezahlt wird. Das wird wohl eher Sache des globalen Steuerzahlers werden.

Und ob es den Menschen in den betroffenen Entwicklungsländern letztendlich wirklich nützt, ist mehr als fraglich. Erfahrungsgemäß ist eher zu erwarten, dass Loss-and-Damage Gelder in den Taschen korrupter Politiker, Bauunternehmer und Hilfsorganisationen landen. Der tolle Nebeneffekt – man verbindet klimapolitische Untätigkeit der Industrieländer mit dem Interesse der Entwicklungsländer an Transferleistungen. Das wird eine Einigung auf Loss-and-Damage sicher beflügeln!

Und last-but-not-least muß sich der Westen nicht mehr mit einer Moraldebatte rumschlagen, wenn mal wieder ein Taifun zuschlägt. Zynischer geht es kaum.

3:0 für die Fossilindustrie

Und wie geht’s weiter?

Die letzten Hoffnungen vieler Klimaschützer ruhen nun auf COP 21 in Paris in 2015, wo es einen neuen Klimavertrag geben soll. Ein solches Abkommen, sollte es tatsächlich Wirkung entfalten, müsste das Ende von Öl, Kohle und Gas einleiten. Um einzuschätzen, wie wahrscheinlich dieses Szenario ist, braucht man nur mal die Wirtschaftsnachrichten lesen.

Zum Beispiel diese von voriger Woche in Spiegel Online:

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Spiegel Online vom 15.11.13

„Der US-Starinvestor Warren Buffett setzt auf Öl und Gas. Sein Unternehmen Berkshire Hathaway kaufte Aktien des weltweit größten börsennotierten Ölkonzerns ExxonMobil im Wert von mehr als dreieinhalb Milliarden Dollar. „

Herr Buffett rechnet offensichtlich nicht mit einem Klimaabkommen. Hoffen wir mal, dass er sich diesmal verrechnet hat….

Vor wenigen Tagen hat die FDP mal wieder ein Meisterstück inkohärenter Politik abgeliefert.

„Beim Klimaschutz stehen wir zum Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 % zu senken.“  Um dieses Ziel zu erreichen, wird „die  Finanzierung eines internationalen Klimaschutzabkommen … mit 50% der Versteigerungserlöse abgesichert….Der Emissionshandel soll langfristig auf weitere Sektoren ausgeweitet werden.“  So steht´s auf der Webseite der FDP [1].

Im völligen Widerspruch dazu steht die Realpolitik der Liberalen.

Gerade vor ein paar Tagen wurde eine Novellierung des europäischen Emissionshandels (ETS) unter kräftiger Mithilfe der deutschen Liberalen im EU-Parlament mit 334 zu 315 Stimmen abgelehnt.

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Das EU-Parlament in Straßburg (Bildquelle http://www.europarl.europa.eu)

Das sogenannte backloading sollte den Preis für Verschmutzungsrechte stabilisieren, um den Europäischen Emissionshandel vor dem Kollaps zu bewahren und die Verbilligung von Kohlestrom zu stoppen. Seit der Entscheidung ist der CO2 Preis derweil nochmals um 35 % gefallen. Versteigerungserlöse für den Klimafonds der Bundesregierung wird es damit ebenso wenig geben wie Anreize zur Emissionsminderung bei den Unternehmen.

Sämtliche FDP-Mitglieder sowie die meisten CDUler votierten dagegen, obwohl sich Umweltminister Altmeier für das backloading ausgesprochen hatte. Sicher, es war eine demokratische Entscheidung, die man akzeptieren muß. Jedoch hätte ein deutliches Ja von Kanzlerin Merkel das Votum vermutlich anders ausgehen lassen. Diese hatte das Thema leider weitgehend ihrem liberalen Wirtschaftsminister Rösler, einem klaren Gegner des backloading, überlassen.

Klimapolitisch läuft demnach alles nach dem Geschmack der FDP-Führung. Der umweltpolitische Sprecher der EU-Liberalen, Holger Krahmer, begrüßte erwartungsgemäß die Entscheidung: „Der Emissionshandel ist ein von Politikern künstlich geschaffener Markt. Wahrscheinlich ist das der Grund warum er nicht funktioniert. Der Versuch das System durch punktuelle Eingriffe zu retten, ist aussichtslos. Nebenbei wird in Brüssel das Fehlen eines internationalen Abkommens zum Klimaschutz ignoriert. Die Fortführung europäischer Insellösungen bleibt ohne Einfluss aufs Klima und erhöht das aufgrund der Energiepreise ohnehin schon hohe Risiko der Abwanderung von Industrie aus Europa.“[2]

Eine reichlich verschwurbelte Erklärung mit deutlichen Widersprüchen. Denn nicht der „künstliche Markt“ ist das Problem, sondern der künstliche Überschuss an Verschmutzungsrechten, der nun dank FDP-Votum weiter anwachsen wird. Und die Begründung, dass „punktuelle“ Eingriffe nicht zielführend sind, ist zwar tendenziell richtig, aber das kann nicht als Ausrede herhalten, um das komplette System an die Wand zu fahren. Die einmalige Verknappung von Zertifikaten war von Anfang an nur als Notoperation geplant, um das ETS am Leben zu halten, bis im Rahmen  eines neuen Klimaabkommens ein weltweit einheitliches System geschaffen wird.

Abgesehen von Holger Krahmer hält sich die FDP-Führung jedoch auffällig mit öffentlichen Statements zurück.

So twittert Phillip Rösler nach der Entscheidung nur einige dürre Zeilen: „EP gegen Verteuerung #Emissionszertifikate. Gutes Signal: Klimaziele werden jetzt schon erreicht, keine weiteren Belastungen.“  Das war´s auch schon. kein Facebook-Eintrag, keine Pressemitteilung. Echte Begeisterung klingt anders. Brüderle? Kein Kommentar zu finden.

Man kommt nicht um den Eindruck herum, dass die FDP das Thema nicht weiter hochkochen will. Die Presse hatte sich ohnehin auf die Kanzlerin eingeschossen, so dass man nur in der Deckung bleiben brauchte.

Denn die indirekten Konsequenzen des FDP-Votums sind alles andere als liberale Verheißungen. Durch den niedrigen CO2 Preis steigt nämlich die EEG-Umlage, die wiederum auf den Strompreis umgelegt wird. Außerdem klafft eine Finanzierungslücke im Klimafonds, die nun mit Geldern der staatseignen KfW-Bank aufgefüllt werden soll. Kurz- höhere Kosten für den Verbraucher sind die Folge. Als Wahlwerbung taugt die Entscheidung also nicht.

spiegel

Spiegel vom 14.4.13

Noch kleinlauter, fast reumütig klingt die Einschätzung des umweltpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion Michael Kauch: Der Emissionshandel ist und bleibt ein zentrales Klimaschutz-Instrument. Daran ändert die heutige Entscheidung nichts. Der Emissionshandel ist in keiner Weise gescheitert. Auch bei niedrigen Preisen erfüllt er sein zentrales Ziel: die Einhaltung der Klimaschutzziele für Industrie und Stromproduktion bis 2020.Dennoch bleibt Handlungsbedarf, wenn man auf die wirtschaftlich tragfähige Umsetzung der Klimaschutzziele nach 2020 schaut.[3]

Irgendwie klingt es ein bisschen, als sei Herr Kauch selbst erschrocken, was man da so verbockt hat.

Denn die Wahrheit ist: Bleibt es bei der Entscheidung, ist der europäische Emissionshandel tot. Und damit ein zentrales Klimaschutzinstrument, dass trotz aller Kritik im Detail keine schlechte Idee ist. Und gerade das backloading wäre eine erste wichtige Korrektur gewesen, bevor man das gesamte System spätestens nach einem neuen Klimaabkommen grundlegend reformieren kann.

Noch gibt es ein bisschen Hoffnung, denn die Entscheidung wurde an die Ausschüsse zurückverwiesen und wird nochmals in 2 Monaten zu Abstimmung gestellt.

Die Entscheidung über das backloading ist übrigens kein Einzelfall. Ob beim Klimagipfel in Doha, bei den Emissionsgrenzen für PKW oder bei der Ökologisierung der EU-Landwirtschaft. Immer häufiger outet sich Deutschland als aktiver Bremser beim Klimaschutz. Und häufig steht die FDP innerhalb der Regierungskoalition als treibende Kraft dahinter. Die Kanzlerin, tendenziell eher positiv zum Klimaschutz eingestellt, überlässt Ihrem Vizekanzler Rösler zunehmend die Hoheit über die Klimapolitik. Umweltminister Altmeier erscheint oft wie ein Statist, der im Sinne des schwarz-gelben Koalitionsfrieden kaltgestellt wird.

 Die Symbolwirkung dieser Politik ist schon jetzt verheerend. Innerhalb der EU sowieso, aber auch international, wo Deutschland immer noch als wichtiges Vorbild gilt. Jeder Bremsversuch wird den ohnehin reichlich unambitionierten Schwellenländern und den USA die Rechfertigung für weitere Jahre der Untätigkeit und gegenseitigen Blockade liefern. Und wichtige Länder wie China, die demnächst eigne Emissionshandelssysteme einführen wollen bzw. dies schon getan haben, könnten diese mit Blick auf das  Schicksal ETS wieder in der Schublade verschwinden lassen. Abgesehen davon – jeder noch so kleine Rückschritt ist ein weiterer Sieg für die Zweifler und Gegner und wertvolle Zeit geht verloren, die es eigentlich schon gar nicht mehr gibt.

Die Prognosen  sind jedenfalls mehr als düster. Die Mehrheit führender Klimaforscher geht davon aus, dass sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um 4 bis 5 °C erwärmen wird, wenn es keine radikale Wende in der internationalen Klimapolitik gibt! Gleichzeitig tut man in der Politik noch so, als könnte man selbst für das 2 °C Ziel noch ein bisschen rumtrödeln. Alles der Reihe nach, erst mal die Eurokrise, dann- vielleicht die Klimakrise, so das allgemeine Credo. „Zeit“-Author Frank Diescher wies in einem Artikel vom 4.10. 2012 auf diese gefährliche Naivität der Politik hin. „Der große Selbstbetrug“, so der Titel des Beitrages.

Wie wird eine + 4 °C Welt aussehen? Niemand weiß es genau, aber mit ziemlicher Sicherheit wird es eine sehr lebensfeindliche Welt sein, in der unsere Enkel leben. Vielleicht ja schon unsere Kinder, denn niemand kann genau sagen, ab welchem Punkt der Klimawandel eine irreversible Eigendynamik aufnimmt, die sich nicht mehr stoppen lässt. Schon jetzt gibt es Anzeichen. Die Zahl der weltweit gemessenen Hitzerekorde hat sich jetzt schon gegenüber dem langfristigen Mittel verfünffacht[4].

Führt man sich diese potentiell fatalen Folgen ausbleibender Klimaschutzpolitik vor Augen, dann begreift man auch die globale Dimension der FDP-Blockadepolitik. Es mag sehr übertrieben klingen, aber mit etwas Pech war der 16. April 2013 ein politischer tipping point mit enormen Schadenspotential für unseren Planeten und zukünftige Generationen.

Dass Neoliberale den Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung und Wachstum nicht wahrhaben können oder wollen, kann man ihnen vielleicht noch verzeihen. Aber ein derart willkürlicher Boykott jeglichen Klimaschutzes, wie ihn die FDP betreibt, das ist schlicht unmoralisch.

 

Nachdem ich mich nun schon seit einigen Jahren mit dem Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE) beschäftige und durchaus häufige Lachanfälle hatte, konnte ich nun endlich auch mal die EIKE-Redaktion belustigen. In einer Reaktion auf meinen Artikel „Klimakiller FDP“ beim Online Magazin Klimaretter wurde ich mehrfach beglückwünscht und mir eine Journalisten-Karriere bei der „Zeit“ empfohlen.

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Unverhoffte Ehre. EIKE rezensiert meinen FDP Artikel

Hier das link zum EIKE review meines Artikels. Leider war es mir nicht vergönnt, mich bei EIKE selbst zu äußern. Mein Kommentar wurde blockiert. Deshalb hier meine Antwort:

 Liebe EIKE-Redaktion,

zunächst einmal danke für die Glückwünsche und Karrierevorschläge! Wir hatten schon einmal vor 2 Jahren Kontakt, als mir Herr Limburg für die „kostenlose Internetwerbung“ dankte. Leider währte Ihre Dankbarkeit damals nur kurz, denn meine Anfragen und Kommentare wurden weder beantwortet noch zugelassen. Und dabei war ich immer sehr nett und respektvoll! Die Zeitverschwendung hielt sich zum Glück in Grenzen. Später hatte ich das Interesse an ihrem Verein fast gänzlich verloren, die Luft war raus, immer dasselbe Zeug.

Um so mehr war ich jetzt überrascht! Plötzlich und unerwartet widmen sie mir gleich einen ganzen Artikel über meine „… knallharte, offene und schonungslose Aufklärung der dunklen, geschäftlichen Machenschaften von uns bei EIKE“. Ja danke schön erst mal. Ein Rätsel bleibt es mir dennoch, warum Sie sich so einen schönen Frühlingssamstag mit mir um die Ohren schlugen. Und gleich eine ganze Redaktion. Es ging doch gar nicht um ihr „Institut“, sondern die FDP. Lesen sie doch nochmal richtig.

Freilich habe ich ihren Verein und Herrn Thuss mal irgendwo im Text erwähnt, wegen der personellen Verquickungen mit CFACT. Eine eher marginale Sache, der Vollständigkeit halber, ansonsten eher kalter Kaffee und von mir bereits vor 2 Jahren in einem anderen Blogpost „schonungslos“ aufgeklärt. Hauptsächlich ging es eher um die FDP und deren Lobbyverbindungen.

Auch widersprechen sie, dass EIKE direkte Zahlungen aus der Ölindustrie bekäme. Wo behaupte ich das? Richtig ist, jede Menge EIKE-Personal ist gleichzeitig bei CFACT „unter Vertrag“ und die bekommen nachweislich Spenden von Big Oil. Dem haben sie auch nie widersprochen.

Gerne korrigiere ich auch meine Behauptung, EIKE und CFACT- Mitglieder „wollten“ bei den Klimakonferenzen „unter sich bleiben“. Ich hatte das mit Blick auf die Rednerlisten so interpretiert. Ich konnte nicht ahnen, dass sie immer so viele Einladungen verschicken und trotzdem kein seriöser Klimawissenschaftler kommt. Jener Mangel an öffentlicher Beachtung muss verletzend wirken und mein Hinweis darauf wiegt damit um so schwerer. Sorry.

Insofern verstehe ich auch ihre Dünnhäutigkeit und „Traurigkeit“, mit der sie reagieren. Ich stelle es mir als eine Art kollektives „Aufmerksamkeits Defizit Syndrom (ADS)“ vor. Sie kämpfen um unser aller „bedrohte Freiheit“ und ich mache das auch noch madig, indem ich sie in einem Artikel zu kurz kommen lasse. Das ist freilich nur eine Ferndiagnose, anders kann ich mir Ihre Aufmerksamkeit für mich Hobby-Blogger nicht erklären. Oder hab ich sie beleidigt?

Im Umgang mit Rahmsdorf etc. pflegen Sie ja selbst einen ziemlich rauen Ton. Ganz zu schweigen von der Aggressivität einiger Kommentatoren, denen Sie entgegen ihren eigenen Verhaltenskodex ein Forum bieten.

Hier die „schönsten“ Kommentare mit kleinen Anmerkungen von mir:

Kommentator Kosendey sagt: „Ich habe mich mal ein wenig auf dem Blog dieses „Über-Klima-Retters“ umgeschaut und habe, so glaube ich jedenfalls, den Antrieb dieses Weltverbesserers erkannt…. es ist das liebe Geld.“

Antwort: Fast richtig, aber nicht Geld sondern Sachspenden. Thoralf Staud hatte mir mal einen Kaffee ausgegeben.

 Kommentator Franz Zuber: „Mit Schwarz gibt es kein Gespräch.“

Antwort: Sorry, Herr Zuber, da beschweren sie sich mal lieber bei Herrn Limburg, der meine Kommentare nicht durchlässt.

Und weiter Herr Zuber: „Der Mann ist geradezu tollwütig grün und voller Hass und komplettem Unverständnis gegenüber jenen, die ihm intellektuell und moralisch-ethisch turmhoch überlegen sind. Das verkraftet dieses Bürschchen einfach nicht und meint, in grenzenloser Verkennung seiner eingebildeten Grandezza, frech werden zu dürfen….. Schwarz ist eine der leider vielen total verkrachten Existenzen des links-grün verblendeten Lagers, die nichts auf die Reihe kriegen als Pullover stricken oder Sitzstreiks organisieren gegen Castor-Transporte, oder ähnlich wichtigen Lebenstätigkeiten nachgehen.“

Antwort: Für ihre selbstdiagnostizierte „turmhohe Überlegenheit“ hyperventilieren aber ganz schön viel. Seien sie entspannter! „Frechheit“ ist ja nicht verboten. Ich kann übrigens nicht stricken.

 Kommentator H. Urbahn: Herr Schwarz ist wohl ein extremer Fall von sekundärem Analphabetismus (wie so etwas ein Freund von mir nennen würde), der komplexe Sachverhalte durch primitive ad hominem -Attacken ersetzt.“

Antwort: Meinten sie Herrn Zuber (siehe oben)?

Kommentator Oliver Hartmann: „Somit outet er sich als völlig verpeilter Ökofaschist!“

Antwort: Schauen sie mal auf die EIKE-Verhaltensregeln, wenn´s schon Herr Limburg nicht macht:

Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:

…….

2. Vermeiden Sie Allgemeinplätze, Beleidigungen oder Fäkal- Sprache, es sei denn, dass sie in einem notwendigen Zitat enthalten oder für die Anmerkung wichtig sind. Vermeiden Sie Schmähreden, andauernde Wiederholungen und jede Form von Mißachtung von Gegnern….

3. Bleiben Sie beim Thema des zu kommentierenden Beitrags

4. Sie können anderer Meinung sein, aber vermeiden Sie persönliche Angriffe.

Nun gut, das reicht wohl zum Beweis Ihrer „turmhohen intellektuellen und moralisch-ethischen Überlegenheit“.

Ruhig atmen!

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schwarz

Artikel der TAZ (online) vom 12.4.13 über die Synthese von religiösem Fundamentalismus, Klimaleugnung und Big Oil…

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US-Politiker mit wirren Ansichten

Gottes Klimawandel

Das Klima dreht durch, weil Gott zornig ist. Das zumindest meint Joe Barton, amerikanischer Kongressabgeordneter und Freund der Ölindustrie. von Ingo Arzt

Sintflut? Die war doch gottgewollt!  Bild:  House of Representatives

Joe Barton hat den endgültigen Beweis erbracht, dass es keinen Klimawandel gibt, zumindest keinen, den Menschen zu verantworten haben. Barton ist nicht nur ein fundamentalistischer Christ, der alles, was in der Bibel steht, Wort für Wort als wahr erachtet. Der Texaner sitzt auch für die Republikaner im US-Kongress und kämpft dort seit Jahren mit Verve für die Rechte der Öl- und Gasindustrie.

In dieser Woche nun trug er bei einer Anhörung des Energie-Ausschusses seinen Kollegen ein völlig neues Argument vor, warum unbedingt die neue, 3.400 Kilometer lange Keystone-Pipeline quer durch die USA gebaut werden müsse, um Öl aus kanadischen Teersanden in Texas raffinieren zu können, für das zuvor ganze Landstriche umgepflügt wurden. Um es kurz zu machen: wegen der Sintflut.

„Wenn man an die Bibel glaubt, muss man sagen, dass die Sintflut ein Beispiel für einen Klimawandel ist, der sicherlich nicht deshalb stattfand, weil die Menschheit zu viel fossile Energieträger verbraucht hat“, trug er vor. Bartons Beweiskette zufolge gibt es einen Haufen natürliche Ursachen für ein wärmeres Klima, etwa den Zorn Gottes. Wenn der Mensch also nichts dafür kann, dann kann man auch die neue Pipeline bauen.

Öl spielt in der Biografie des 1949 geborene Barton eine große Rolle, einst arbeitete er als Ingenieur auf einem Ölfeld. Er heiratete, zeugte vier Kinder, adoptierte zwei, zog 1985 in den Kongress ein, wurde fünffacher Opa und großzügiger Empfänger von Spendengeldern aus der Ölindustrie. Zwischen 1989 und 2010 gab es 292.500 US-Dollar von BP-Partner Anadarko Petroleum, ein weiterer großzügiger Spender war etwa der Rüstungskonzern Lockheed Martin mit rund 200.000 US-Dollar.

 BP hat bekanntlich die größten Ölkatastrophe der US-Geschichte zu verantworten, die Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“. Als die US-Regierung 20 Milliarden Dollar von BP forderte, entschuldigte sich Barton wiederum öffentlich bei BP. Es sei eine große Tragödie, dass ein privates Unternehmen um 20 Milliarden Dollar erpresst würde, sagte er. Das ging sogar Bartons eigener Partie zu weit, die sich für Bartons Entschuldigung entschuldigte.

In letzter Zeit hörte man öfters Stimmen, das ganze „Gerede“ über die globale Klimaerwärmung könne ja nicht stimmen, solang man zu Ostern durch den Schnee stapft…

Das Argument ist freilich Unsinn und eigentlich weiß es auch jeder. Wetter ist nicht Klima. Und Europa ist auch nicht die Welt.

Für Interessierte veröffentlicht die NASA jeden Monat verschiedene Klima- und Temperaturkarten (http://earthobservatory.nasa.gov/)

Unter anderem die Temperaturabweichung vom langfristigen Mittel. Hier die Karte vom März 20013.

Grönland: Bis zu 10 °C zu warm…

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Temperaturanomalie März 2013
(Quelle:NASA; http://neo.sci.gsfc.nasa.gov/Search.html?datasetId=MOD_LSTAD_M)

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Klimaschutz nervt – zumindest die Anhänger freier Märkte. Denn inzwischen wird immer klarer, dass das bisherige neoliberale Wirtschafsmodell direkt in die Klimakatastrophe führt. Klimaschutz braucht Marktregeln. Das kapiert eigentlich jeder, wenn er es denn kapieren will. Es gibt aber auch durchaus Interessen, das Gegenteil zu glauben oder noch konsequenter, gleich den ganzen Klimawandel als Unsinn, Schwindel oder kommunistische Verschwörung zu verteufeln. Vertreter dieser Weltsicht nennt man Klimaleugner oder Klimaskeptiker.

Die „Zeit“ publizierte am  28.11.12 einen vielbeachteten Artikel über professionelle Klimaleugner. Titel: „Die Klimakrieger“[1]. Guardian-Kolumnist George Monbiot spricht in dem Zusammenhang von der „denial industry“ (der Leugner-Industrie).

Ein brandneue Studie australischer Wissenschaftler, publiziert in „Psychological Science“[2] konnte nun belegen, dass das Phänomen Klimaleugnung – neben anderen Verschwörungstheorien –  signifikant häufiger bei Vertretern neoliberaler Überzeugungen auftritt. Klassischer FDP-Klientel also.

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Liberale Politiker- ein Fall für den Psychologen ??? [3]

Ideologische Borniertheit gegen atmosphärische Gesetzmäßigkeiten, einzig, weil diese im „feindlichen“ Lager bei Grünen, Greenpeace und Co. verortet werden? Freilich! Gerade in Wahlkampfzeiten braucht es schließlich Abgrenzung, Profil, Sündenböcke. Destruktive Klimapolitik ist daher ein schlagkräftiges Thema im Kampf um öko-gestresste Wähler und Parteispenden von leidgeprüften deutschen Großkonzernen.

Frontalpolitik gegen die wissenschaftlichen Fakten traut sich die FDP-Spitze dennoch bisher nicht. Zu erdrückend ist die Beweislage, um sich ganz offiziell auf die Seite der Klimaleugner zu schlagen. FDP Fraktionschef Rainer Brüderle argumentiert daher lieber aus ökonomischer Sicht. Klimaschutz soll doch bitte der Markt selbst regeln, auf jeden Fall darf es nichts kosten. Vor EU-Kollegen riet er zu einer „sinnvollen Pause in der Klimapolitik“ und zum “Vorrang wirtschaftlicher Konsolidierung“.

Die Distanz zu waschechten Klimakriegern hält Herr Brüderle dennoch nicht immer ein, wie bei der gemeinsamen Buchvorstellung mit Günter Ederer in Hamburg[4]. Ederer ist Journalist, Autor und Lobbyist und machte einst Schlagzeilen, indem er den „grünen“ Ex-US Vizepräsident Al Gore mit Adolf Hitler verglich. Bei anderer Gelegenheit moderierte Ederer eine Podiumsrunde, bei der Fred Singer, ein Superstar der Klimaleugnerszene, Öl- und Tabaklobbyist,  seine Überzeugungen zu Treibhauseffekt und Ökosteuern zum Besten geben durfte. Ort der Veranstaltung: Der deutsche Bundestag! Eingefädelt hatte die Veranstaltung Paul Friedhoff, MdB der FDP. Normalerweise organisiert die FDP ihre ideologisch-propagandistische Schlacht ums Klima eher aus der 2. Reihe, zum Beispiel mit Hilfe von Holger Krahmer [5], FDP-Mitglied der liberalen Fraktion im EU Parlament. Er ist ausgerechnet umweltpolitischer Sprecher der Fraktion und gleichzeitig ein besonders aktiver Klimakrieger. Seine Homepage[6]  wimmelt nur so von Thesen und Vorschlägen, die ohne Abstriche aus den Federn der Fossilindustrie stammen könnten. So feiert er auf seiner Webseite die Aufweichung der Emissionsgrenzwerte für PKW als „vernünftige Entscheidung“, wettert gegen das Verbot von Glühlampen und warnt vor einer Verschärfung des Emissionshandels. Und vieles mehr. Ein Sammelsurium gängiger Klimaleugner-Argumente. Schizophrenie á la FDP.

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Holger Krahmer, FDP: Rächer der Glühbirne [7]

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Argumentationshilfe holt sich der gelernte Bankkaufmann Krahmer bei einschlägig bekannten Klimaleugnern wie Benny Peiser vom berüchtigten US-Lobbykartell „Heartland Institute[8]. Er und Peiser gaben erst kürzlich eine Broschüre heraus. Titel: „Unbequeme Wahrheiten über die Klimapolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen“. Eine handliche Gebrauchsanweisung für den Klimakrieg.

Die FDP mit Krahmer als Strippenzieher organisierte außerdem diverse Veranstaltungen mit eindeutiger Zielstellung, unter anderem am 3. Juli 2012 im EU Parlament. Unter dem Titel „Klimaschutz: die politische Überforderung“ referierten dort Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning über ihr umstrittenes Buch „Die kalte Sonne“

Am Juni 2012 richtete Krahmer zusammen mit der FDP Sachsen eine „alternative“ Klimakonferenz in Dresden aus. Bei der Veranstaltung unter dem düsteren Titel „Sind wir noch zu retten? Zwischen Klimakatastrophe und Ökohysterie“ sollte geklärt werden, „ob es denn überhaupt einen Klimawandel, eine globale Erderwärmung gibt, und falls ja, ob diese dann auch tatsächlich durch uns Menschen verursacht wird.“. Um gar nicht erst mit dem wissenschaftlichen Konsens in Berührung zu kommen, lud man denn als Redner auch keinen einzigen Klimawissenschaftler ein, dafür eine  Handvoll der üblichen Verdächtigen aus der organisierten Leugnerszene wie bereits erwähnten Benny Peiser oder den Zoologen Josef Reichholf, der bei CFACT unter Vertrag ist [9] [10]. CFACT ist ein rechtskonservativer US Think Tank, der durch besonders aggressive Antiklima-Rhetorik auffällt und sich großzügiger Finanzierung durch Exxon Mobil & Co. erfreut.

Ebenfalls bei CFACT „unter Vertrag“ ist Steffen Hentrich, hauptamtlich verantwortlich für Umwelt- und Energiepolitik bei der FDP-nahen „Stiftung für die Freiheit“ (ehem. Friedrich-Naumann-Stiftung). Er ist außerdem Mitarbeiter beim Berliner Institut für Unternehmerische Freiheit (IUF) und Autor zahlreicher neoliberaler und klimaskeptischer Blogs wie „Ökowatch“ und „Freie Welt“. Sein 2011 publiziertes Buch „Realitätscheck für den Klimaschutz –Globale Klimapolitik zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Vorschläge für neue liberale Ansätze“ ist Klimabelletristik vom Feinsten. Mitherausgeber des Buches: Holger Krahmer, unser Klimakrieger von den EU Liberalen. Die Kreise schließen sich….doch der Filz wird noch dicker.

Seit 5 Jahren, zuletzt im November 2012 in München, findet regelmäßig eine „Klimakonferenz“ der ganz besonderen Art statt. In gemütlichen Ambiente eines schicken Hotels trifft sich die Elite der deutschen und internationalen Klimaleugnerszene. Die Redner – ein Panoptikum einschlägig bekannter Lobbyisten, Laienprediger und korrupter Wissenschaftler – rekrutieren sich größtenteils aus den Reihen der Veranstalter selbst. Man bleibt gerne unter sich.[12]

cfact1 KopieDie Organisatoren sind die üblichen Lobbybuden wie Heartland Institute und CFACT, das unternehmensnahe Berlin Manhattan Institute (BMI) sowie EIKE [13], ein Jenaer Briefkasten-Verein und bekannteste Adresse der deutschen „denial industry“. Die FDP-„Stiftung für die Freiheit“ war zumindest bis 2011 Sponsor der Veranstaltung.

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CFACT Propaganda [11]

EIKE-Chef Holger Thuss, Mitglied der CDU Jena ist gleichzeitig Europachef von CFACT und Verleger [14] klimaskeptischer Bücher mit martialischen Titeln wie „Öko-Nihilismus“ von Edgar Gärtner oder „Öko-Imperialismus. Grüne Politik mit tödlichen Folgen“ von Paul K. Driessen. Beide Autoren sind ebenfalls auf der Gehaltsliste von CFACT. Holger Thuss´ Aktivitäten sind inzwischen selbst seiner eignen Partei (der CDU) nicht mehr geheuer. Die Jenaer CDU Gruppe jedenfalls distanzierte öffentlich von ihm.

Um so mehr dürfte er sich über den Besuch von Thüringer FDP Prominenz an seinem Stand (Thuss van Riess Verlag) auf Leipziger Buchmesse 2010 gefreut haben. Medienwirksam hält FDP-Mann Patrick Kurth ein Buch des Verlages in die Kamera. Titel des Buches: „Klimahysterie-was ist dran“, Autor: Michael Limburg, „Berater“ bei CFACT, Vize von EIKE.

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Holger Thuss (2.v.l.) mit seinen Freunden von der FDP, Buchmesse Leipzig 2010

Die Pressemitteilung der FDP am folgenden Tag: „Der TvR Medienverlag veröffentlicht im politischen Bereich mit z.T. gesellschaftskritischen Titeln. Kurth konnte sich dabei von dem tollen Einsatz und den interessanten Themen des Verlags überzeugen“ . Alles klar..?

Am Ende bleiben 3 Erkenntnisse:

  1. Klimaleugnung ist keine zufällige Verwirrung, sondern ein lukratives Geschäftsmodell.
  2. Gerade für FDP-Hinterbänkler bietet ein entsprechendes „gesellschaftliches“ Engagement Zukunftschancen in der Lobbyindustrie und federt zudem gegen die Risiken volatiler Wähler und politischer Umschwünge ab.
  3. Es ist unmöglich, dass der ganze Lobbyfilz aus FDP-Stiftung, CFACT, EIKE, Heartland Institute und einzelnen FDP-Funktionären ohne den Segen der Parteiführung existiert.

Insofern bleibt die FDP ihrem Image treu – als randständige Lobbypartei der Konzerne und Bosse.

Ein Klimakiller eben.









[2] Lewandowsky; Oberauer; Gignac: NASA Faked the Moon Landing—Therefore, (Climate) Science Is a Hoax:

An Anatomy of the Motivated Rejection of Science. March26 2013; online

http://pss.sagepub.com/content/early/2013/03/25/0956797612457686.abstract

[3] Quelle: Facebookseite von P. Rösler

[4] Vorstellung des Buches „Träum weiter Deutschland“; mehr dazu auf klimaretter: http://www.klimaretter.info/politik/nachricht/8163-bruederle-hofiert-klimaskeptiker

[8] Lobbyismus im Dienst der Tabak-, Chemie-, Energiekonzerne

[9] Abk. für Committee for a Constructive Tomorrow

[10] weitere Redner der Konferenz: Prof. Dr. Knut Löschke, Leipzig; Prof. Dr. Joseph Reichholf, München, Prof. Dr. Bodo Sturm, HTWK Leipzig; Dr. Benny Peiser, London; Michael Miersch, München. (Quelle: http://www.fdp-fraktion-dresden.de/termine-1026.html)

[12] wie z.B.  H.J. Lüdecke (EIKE), H. Thuss (EIKE, CFACT), C. Monckton (CFACT), F.-K.Ewert (CFACT, EIKE), W. Müller (CFACT, EIKE, IUF, Ex-F. Naumann Stiftung)

[13] Europäisches Institut für Klima und Energie; mehr Infos zu EIKE: https://michaelsclimate.wordpress.com/2011/03/07/eike-ein-institut-stellt-sich-vor/

[14] TvR Verlag Jena

Der 18. Klimagipfel in Doha ist erwartungsgemäß gescheitert. Oder sagen wir lieber plangemäß, denn ein Weltklimavertrag war ohnehin erst für 2015 vorgesehen. Mal abgesehen von ein paar verzweifelten Inselstaaten und Entwicklungsländern gab es auch sonst kein Interesse an irgendwelchen Fortschritten. Die Nach-mir-die-Sintflut- Politik der vergangenen Jahre ist inzwischen zum Standard geworden. EU-Klimakommisarin Hedegaard nennt es „Kontinuität“. Das Umweltbundesamt spricht sogar von „wichtigen Weichenstellungen“. Ein deutliches Zeichen, dass die Erwartungen an die UN-Klimadiplomatie inzwischen so mager sind wie ein somalisches Rindviech.

Immerhin, das Kyoto-Protokoll wurde verlängert, was irgendwie besser ist als nichts. Zumindest für die Optimisten und Naiven. Ansonsten eher belanglos im Sinne des Klimaschutzes. Leidensverlängerung für ein klinisch totes Abkommen, mit dessen Legitimierung die Fossilindustrie sich ein paar weitere Jahre entspannen kann. Und es wird munter weiter gebohrt, gebaggert und gefrackt. Ganz nebenbei stellt man die Klima-Uhr endgültig auf 5 nach zwölf.

Um all die verdorrenden und absaufenden Länder nicht völlig zu ignorieren, beschloss man außerdem ein paar Finanzspritzen für die am stärksten betroffenen Länder.  Damit kann dann zum Beispiel Kiribati seinen Umzug nach Fiji bezahlen, während die Industrieländer mit geringstem Einsatz  ihr schlechtes Gewissen los sind. Toll, wie dieser Ablasshandel immer wieder funktioniert. Und das alles aus der Portokasse!

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Kiribati: Säuft zwar ab, aber alles halb so wild. Deutschland hilft ja beim Umzug. (Bildquelle: Google Images)

Für akute Klimafolgen wie Naturkatastrophen soll außerdem zukünftig ein separater Geldtopf bereitstehen. „Loss-and-Damage“ nennt sich die entsprechende Verhandlungsrunde. Das ist ein ganz besonders cleveres Geschäftsmodell. Denn Dürren und Überschwemmungen richten nicht nur Schaden an, sondern schaffen auch neue Märkte. Ganze Industrien profitieren, wenn es irgendwo kracht und siecht,  zum Beispiel durch Lebensmittelexporte in Hungergebiete, durch den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur oder generell durch die Beseitigung struktureller Marktbarrieren in Folge eines Desasters. Das besonders „Schöne“ daran – finanziert wird dies vom globalen Steuerzahler, nicht vom Verursacher. Das kennt man doch schon irgendwo her…

Nur um nicht falsch verstanden zu werden. Auch ich halte es für moralisch geboten und dringend notwendig, armen Länder bei der Bewältigung von Klimaschäden beizustehen. Aber ohne eine gleichzeitige Trendwende bei den Emissionen und die konsequente Dekarbonisierung der Weltwirtschaft wird ein entfesselter Klimawandel ohnehin alles in Frage stellen. Und dann wird das Motto sein: Rette sich, wer es selbst bezahlen kann.

M.S.

Hier ein Artikel der „Zeit“ vom 22.11.12: ( als pdf)

Die Klimakrieger

Wie von der Industrie bezahlte PR-Manager der Welt seit Jahren einreden, die Erderwärmung finde nicht statt. Chronologie einer organisierten Lüge.

Marc Morano sät den Zweifel per Tastendruck. Er sitzt im Fond einer schwarzen Lincoln-Town-Car-Limousine und bedient seine wichtigste Waffe, den Laptop. Draußen fliegt der Herbstwald vorbei, Morano lädt eine neue Schlagzeile auf seine Website: »Die amerikanische Umweltbehörde wird beschuldigt, Menschenversuche durchzuführen«.

Der Wagen hat Morano vor einer halben Stunde vor seinem großen Haus in einem Vorort der amerikanischen Hauptstadt Washington abgeholt, jetzt gleitet er zum Fernsehstudio des Nachrichtensenders Fox News. Dort hat Marc Morano seinen nächsten Einsatz.

Nächste Woche, am 26. November, treffen sich die Umweltminister und Regierungschefs der Welt in Doha am Persischen Golf zum UN-Klimagipfel. Sie wollen neue Maßnahmen gegen die Erderwärmung beschließen. Morano will das verhindern.

Morano ist kein Klimaforscher. Er kann weder den Atmosphärendruck der Erde berechnen noch Temperaturdaten analysieren. Morano ist PR-Manager. Er ist gut darin, eine Botschaft so zu vermitteln, dass sie jeder versteht.

Als Schüler, in den achtziger Jahren, half Morano den Republikanern im Wahlkampf. Er rief wildfremde Leute an und erklärte ihnen, weshalb Ronald Reagan der bessere Präsident sei. Später, nach dem Politikstudium, arbeitete er als Vertreter einer Abflussreinigungsfirma. Morano kann so ziemlich alles verkaufen.

Jetzt, bei Fox News, ist er zu Gast in der Verbrauchersendung Money with Melissa Francis. Es geht um erneuerbare Energien. Morano sitzt vor einer schwarzen Studiowand. Die Kamera zoomt ihn heran, und Morano erscheint in Amerikas Wohnzimmern: ein kräftiger Mittvierziger mit Anzug und Krawatte. Er lächelt freundlich, aber das täuscht. Morano schafft es immer wieder, seine Gegner zu provozieren. Kürzlich fiel er bei einer Fernsehdebatte einem bedächtig sprechenden Klimawissenschaftler so oft ins Wort, bis der ihn erschöpft ein »Arschloch« nannte. Es war der Moment, in dem Morano gewonnen hatte.

Diesmal sitzt er allein im Studio, er gibt den sachlichen Experten: »Die Förderung der Solarenergie wird von der Angst vor der vom Menschen gemachten Erderwärmung getrieben«, sagt Morano mit besorgter Miene. »Aber das ist alles Ideologie.«

Marc Morano ist das wohl aggressivste Mitglied einer gut bezahlten Söldnertruppe. Er steht im Zentrum eines Kampfes, für den sich in den vergangenen Jahren in den USA mehr als drei Dutzend Lobbyorganisationen gründeten. Ein Kampf, der mit Zahlungen von mehreren Hundert Millionen Dollar befeuert wurde. Der Kampf gegen die internationale Klimaforschung. Schon vor Jahren sagte Morano: »Wir sollten die Klimawissenschaftler treten, solange sie am Boden liegen. Sie haben es verdient, öffentlich ausgepeitscht zu werden.«

Moranos Arbeitgeber ist das Committee for a Constructive Tomorrow, eine Organisation, die sich als Gegenstück zu Umweltschutzverbänden wie Greenpeace begreift. In den vergangenen Jahren wurde sie neben anderen von dem amerikanischen Autohersteller Chrysler sowie den Ölkonzernen ExxonMobil und Chevron finanziert.

Die Geschichte des PR-Managers Marc Morano ist die Geschichte einer geplanten Verwirrung. Ein Lehrstück über die Kunst des Lügens. Die Frage ist: Kann einer Demokratie die Wahrheit abhandenkommen? Kann es sein, dass die Antwort auf eine Menschheitsfrage käuflich ist?

Die Geschichte beginnt vor mehr als 20 Jahren, als sich rund um die Welt eine ungeheuerliche Erkenntnis durchsetzt: Der Ausstoß von Kohlendioxid erwärmt die Erde. Schnell ist klar, dass mögliche Gegenmaßnahmen die Industrie viele Milliarden kosten werden. Geld, das die Unternehmen sparen können, wenn es ihnen gelingt, dem vom Menschen gemachten Klimawandel etwas entgegenzusetzen: den vom Menschen gemachten Zweifel an der Klimaforschung.

Vielleicht sind die Daten ja falsch. Vielleicht erwärmt sich die Erde gar nicht. Und wenn doch, dann ist das vielleicht harmlos, ein natürlicher Prozess, der nichts mit Kohlekraftwerken und Verbrennungsmotoren zu tun hat.

Solche Gedanken sind es, die Männer wie Marc Morano in den folgenden Jahren in die Köpfe von Zeitungslesern und Fernsehzuschauern, von Journalisten und Politikern einpflanzen. Von Amerika aus verbreitet sich der Zweifel um die Welt, am Ende auch nach Deutschland. Er schleicht sich in Verhandlungen über Treibhausgase und in Abstimmungen über Energiegesetze. Jetzt, wenige Tage vor dem Beginn der UN-Klimakonferenz, ist er stärker als je zuvor.

Um das komplexe Atmosphärensystem der Erde zu verstehen, haben mehr als hundert Regierungschefs im Jahr 1988 den Weltklimarat ins Leben gerufen, ein Gremium, in dem die renommiertesten Wissenschaftler der Welt sämtliche Ergebnisse der Klimaforschung auswerten.

Die Daten sind eindeutig: Die globale Erwärmung ist nur noch mit großer Anstrengung zu bremsen. Der Temperaturanstieg erhöht die Gefahr starker Stürme. Dürren und Überschwemmungen werden häufiger. Gletscher und Polkappen schmelzen. Der Meeresspiegel steigt. Das ist es, was die Wissenschaftler in ihre Berichte schreiben.

»Wir dachten, wir hätten unsere Arbeit erledigt«, sagt der amerikanische Forscher Michael Mann, der dem Weltklimarat angehört. »Wir dachten, ab jetzt geht es um Politik und nicht mehr um Wissenschaft.«

Mann ist ein kleiner, rundlicher Mann in ausgetretenen Schuhen. Er leitet das Zentrum für Geowissenschaften an der Pennsylvania State University, es ist das wichtigste meteorologische Institut Amerikas. In seinem überfüllten Büro stapeln sich Fachzeitschriften, an der Wand lehnt ein abgewetzter Hockeyschläger, das Geschenk einer Collegemannschaft aus Vermont.

»Mit dem Hockeyschläger ging alles los«, sagt Mann.

Es ist das Jahr 1998, Mann ist damals 33 Jahre alt, ein junger Wissenschaftler, der davon träumt, die Schwankungen des Klimas zu erklären. Gemeinsam mit zwei Kollegen sammelt er Temperaturdaten aus Tausenden von Jahren, sie analysieren Korallen, Baumrinden und Bohrproben aus dem Polareis.

Als das Ergebnis schließlich in einer Grafik aufleuchtet, staunen die Forscher: Bis zum Jahr 1850 verläuft die Temperaturkurve der Erde weitgehend waagrecht, dann aber, genau zu dem Zeitpunkt, als die Menschen anfingen, Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, steigt sie steil nach oben.

Ein merkwürdiges Diagramm, denkt Mann: Es sieht aus wie ein liegender Hockeyschläger, ein langer gerader Stiel und eine fast senkrecht aufgestellte Kelle am Ende.

Mann und seine Kollegen veröffentlichen ihre Arbeit in der Fachzeitschrift Nature: »Der Hockeyschläger«, wie ihr Diagramm fortan schlicht heißt, katapultiert sie ins berühmte Time- Magazin, er bringt Michael Mann, schüchtern und unvorbereitet, in die wichtigsten Nachrichtensendungen des Landes.

Der Hockeyschläger ist der Beweis für die Schuld des Menschen am Klimawandel. Anfangs überzeugt er auch die Konservativen. Der einflussreiche republikanische Senator John McCain entwirft gemeinsam mit dem Demokraten Joseph Lieberman ein Gesetz, das den Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren soll. Sie nennen es Climate Stewardship Act, Gesetz zur Klimaverantwortung.

Die National Academy of Sciences, die ranghöchste amerikanische Wissenschaftsvereinigung, bestätigt die Aussage von Manns Studie. 928 Fachaufsätze, die zwischen 1993 und 2003 zum Thema Klimawandel veröffentlicht werden, kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Erde durch menschlichen Einfluss erwärmt. Der Chefredakteur der renommierten Fachzeitschrift Science spricht vom wohl außergewöhnlichsten Wissenschaftskonsens in der Geschichte.

»Der Hockeyschläger«, sagt Michael Mann, »war das Schlimmste, was der Industrie passieren konnte.«

Womöglich ist das der Grund, weshalb im Jahr 2002 ein PR-Berater des damaligen Präsidenten George W. Bush das Drehbuch für einen groß angelegten Gegenschlag verfasst. »Die Umwelt ist vielleicht das Thema, bei dem die Republikaner – und Präsident Bush im Speziellen – am verletzlichsten sind«, schreibt er in einem Strategiebericht für das Weiße Haus. Es komme jetzt darauf an, die Wissenschaftler »frontal zu attackieren«, um bei den Wählern Zweifel an deren Glaubwürdigkeit zu säen. Die Debatte sei zwar fast abgeschlossen – »gegen uns«, heißt es in dem Bericht. Aber es sei immer noch Zeit, um Experten zu finden, die »mit unserer Haltung sympathisieren«.

Kurz darauf stellt Bush eine Gruppe von Beratern zusammen, in der die mächtigsten Vertreter der Ölindustrie sitzen. Die republikanische Parteiführung bestimmt den Senator James Inhofe zum Vorsitzenden des Umweltausschusses. Inhofe ist ein 70-jähriger Republikaner aus Oklahoma; die Umweltbehörde, eine unabhängige Einrichtung der Regierung, die die Umsetzung von Umweltschutzgesetzen begleiten soll, verhöhnt er als »Gestapo-Bürokratie«; seine Wahlkämpfe finanzieren Energiekonzerne. Bald stellt er einen neuen PR-Strategen ein: Marc Morano.

Inhofe führt eine Neuerung im Senat ein: Er veranstaltet sogenannte Scientific Integrity Hearings, Anhörungen zur Integrität der Wissenschaft. Er macht den Senat zu einem Wissenschaftsgericht. Auf die Anklagebank setzt er renommierte Forscher, deren Arbeit hundertfach bestätigt wurde. Als Ankläger beruft er Laien wie den Schriftsteller Michael Crichton, in dessen neuestem Thriller korrupte Klimaforscher die Welt an den Abgrund treiben.

Ob sich die Erde erwärmt oder nicht, soll keine Frage des Wissens mehr sein – wie eine Frage des Glaubens soll es aussehen.

Kurz bevor der Senat das von den Senatoren McCain und Lieberman eingebrachte Gesetz zum Emissionshandel verabschieden soll, lädt Inhofe auch Michael Mann vor. Inhofe konfrontiert Mann mit den Forschern Willie Soon und David Legates. Biede ließen sich mehrfach von der Industrie bezahlen, allein Soon hat bis heute mehr als eine Million Dollar von ExxonMobil und anderen Konzernen erhalten. In einer umstrittenen Studie, mitfinanziert vom American Petroleum Institute, hat er behauptet, Manns Daten seien falsch.

»In vielerlei Weise«, beginnt Inhofe, »verschiebt diese Studie das bekannte Paradigma.«

»Das Klima des 20. Jahrhunderts ist weder unüblich noch in irgendeiner Weise extrem«, referiert Soon.

Dann fragt Inhofe die Anwesenden, ob sie darin übereinstimmen, dass ein erhöhter Kohlendioxidausstoß viele Vorteile für Flora und Fauna habe.

»Ich stimme zu«, sagt Soon.

»Ich sehe wenig, was dafürspricht«, sagt Mann.

»Ich würde tendenziell zustimmen«, sagt Legates.

Die Fernsehbilder dieses Tribunals sprechen eine einfache Sprache: Ein Forscher hält die Erderwärmung für eine Tatsache. Zwei Forscher ziehen das in Zweifel. Dass der eine den wissenschaftlichen Konsens repräsentiert, während die beiden anderen von der Fachwelt nicht ernst genommen werden, sieht man den Bildern nicht an.

55 zu 43, so endet am 30. Oktober 2003, die Abstimmung im Senat: Der Climate Stewardship Act, das Gesetz zur Klimaverantwortung, ist gescheitert.

Neun Jahre später, im Herbst 2012, sagt Marc Morano: »Wir haben es geschafft, die Klimagesetze innerhalb von drei Jahren zu stoppen.« Er sagt das stolz wie ein Schüler, der von einer gelungenen Klassenarbeit erzählt. Morano sitzt im Capital Grill, einem exquisiten Steakhaus in einem Vorort von Washington. In mit Vorhängeschlössern gesicherten Wandschränken lagerten dort früher die teuren Zigarren der Stammkunden. »Damals durfte man in Restaurants noch rauchen«, sagt Morano und verdreht die Augen.

Morano mag es nicht, wenn sich die Politik in sein Leben einmischt. Er mag es nicht, wenn er hört, Rauchen schade der Gesundheit, der Regenwald sei in Gefahr, die Überbevölkerung ein Problem. »Alles Ideologie«, sagt er.

Morano liebt seine Familie, die vier Kinder und seine Frau Jennifer. Er mag sein großes viktorianisches Haus mit dem schönen Garten und seinen schwarzen Geländewagen. Er mag es, so zu leben, wie es ihm gefällt.

Als Morano bei Senator Inhofe als PR-Mann anheuert, baut er als Erstes die Website des Umweltausschusses um: Er versammelt dort alles, was die globale Erwärmung leugnet. Je mehr ein Text gegen die Klimaforschung hetzt, desto prominenter platziert er ihn. Im Internet findet er viele solcher Texte. Es läuft gut für Marc Morano.

Doch dann, im Jahr 2006, bringt Al Gore, ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Demokraten, den Dokumentarfilm Eine unbequeme Wahrheit heraus. Gore zeigt Bilder von schmelzenden Gletschern, wachsenden Wüsten, überschwemmten Städten. Er arbeitet ähnlich wie Morano: Er hat eine Botschaft, und er formuliert sie so, dass sie jeder versteht. Nur dass hinter Gore nicht die Industrie steht, sondern der wissenschaftliche Konsens.

Der Film läuft in Kinos und Schulen. Auf einmal halten 84 Prozent der Amerikaner den Klimawandel für eine Bedrohung. Morano muss sich etwas einfallen lassen.

Er erinnert sich an den Grundsatz des Politikberaters Karl Rove, einst Stabschef von George W. Bush: Attackiere nicht die Schwäche des Gegners, sondern seine Stärke! Die Stärke der Wissenschaft ist ihre Glaubwürdigkeit.

Am 20. Dezember 2007 erhalten Zeitungs- und Fernsehredaktionen in ganz Amerika einen von Marc Morano veröffentlichten, 175 Seiten langen, scheinbar hochseriösen Report. Unter dem Briefkopf des Umweltausschusses, versehen mit dem Wappen des amerikanischen Senats, steht die Überschrift: »Mehr als 400 prominente Wissenschaftler bezweifeln die menschengemachte Klimaerwärmung.«

Fast alle Redaktionen fallen auf Moranos Köder herein. Es ist Vorweihnachtszeit, kaum ein Journalist macht sich die Mühe, die 413 Namen und ihre Aussagen zu prüfen. Immer wieder zitieren Zeitungen und Fernsehsender den »Report«, die New York Times, der Boston Herald, die Nachrichtensender Fox News und CNN.

In Wahrheit arbeiten 44 der genannten angeblichen Wissenschaftler lediglich als Wetteransager, 84 waren früher für die Ölindustrie tätig, 49 sind längst in Rente, 90 haben keinerlei Verbindung zur Klimawissenschaft. Der Rest sind Forscher, die den menschengemachten Klimawandel nie bestritten haben, die sich jedoch, wie unter Wissenschaftlern üblich, kritisch mit einzelnen Fragen beschäftigen, etwa der konkreten Geschwindigkeit, mit der der Meeresspiegel steigt.

Moranos wichtigste Zeugen sind der damals 83-jährige Atmosphärenphysiker Fred Singer und der 96-jährige Physiker Frederick Seitz. Bis zu Seitz’ Tod im Jahr 2008 sind die beiden Wissenschaftler eng befreundet: Singer hat in den achtziger Jahren am nationalen Raketenprogramm der USA mitgearbeitet, Seitz am Atomwaffenprogramm. Sie waren antikommunistische Krieger im Auftrag Ronald Reagans, jetzt helfen sie Morano, die Freiheit gegen den Ökofaschismus zu verteidigen. Ihre Artikel erscheinen in der New York Times, im Wall Street Journal, in der Washington Post.

So wie die Zeitungen einst Manns Hockeyschläger auf den Titelseiten präsentierten, so stürzen sie sich jetzt auf die neueste Neuigkeit: alles halb so schlimm.

Seitz hat zuvor für den Tabakkonzern Reynolds zehn Jahre lang die Gefahren des Rauchens verharmlost und dafür jährlich 65.000 Dollar kassiert. Singer ließ sich unter anderem von den Ölkonzernen ExxonMobil, Shell und Texaco bezahlen. Gemeinsam gründen sie jetzt die Vereine Science And Environment Policy Project und Nongovernmental International Panel on Climate Change (NIPCC). Deren erklärtes Ziel: den Weltklimarat in Verruf zu bringen.

Damit sind Singer und Seitz Teil eines von der Industrie finanzierten Komplexes von Verbänden und Instituten, der rund um Washington gewachsen ist. Eine Art Potemkinsches Dorf der Wissenschaft, bevölkert von bezahlten Experten, die den Interessen ihrer Auftraggeber dienen. Es gibt das Heartland Institute, das American Enterprise Institute, das Marshall Institute, das Frontiers of Freedom Institute, das Independent Institute. Es ist eine endlose Liste vermeintlich seriöser, unabhängiger Einrichtungen, die wiederum Ableger gründen, die sich auf Umweltthemen spezialisieren: zum Beispiel das Committee for a Constructive Tomorrow, für das Morano heute arbeitet.

Innerhalb weniger Jahre publizieren diese Organisationen weit über hundert Bücher zum Klimawandel. Ihre Autoren sind zu Gast in großen Fernsehshows, sie halten Vorträge auf eigens ins Leben gerufenen internationalen Klimakonferenzen. Eine gut geölte, sich selbst befeuernde Maschine des Leugnens.

Während Michael Mann und die übrigen Wissenschaftler des Weltklimarates unentgeltlich arbeiten, schreibt das Heartland Institute in einem kürzlich der Presse zugespielten internen Budgetplan für das Jahr 2012 über Fred Singers Verein NIPCC: »Momentan sponsern wir das NIPCC, um den offiziellen Bericht des Weltklimarates der Vereinten Nationen zu untergraben. Wir haben einem Autorenteam 388.000 Dollar gezahlt, um an einer Reihe von Publikationen zu arbeiten.«

Und weiter heißt es in dem Papier des Instituts: »Unser aktuelles Budget schließt die Unterstützung von Personen mit hohem Bekanntheitsgrad ein, die regelmäßig den Aussagen der Alarmisten der Klimaerwärmung widersprechen. Momentan geht diese Unterstützung an Craig Idso (11.600 Dollar pro Monat), Fred Singer (5.000 Dollar pro Monat) und Robert Carter (1.667 Dollar pro Monat).«

Insgesamt rund 420 Millionen Dollar investiert die Öl- und Gasindustrie in die Produktion des Zweifels – allein in den Jahren 1997 bis 2004.

Ende 2007 wird der Weltklimarat für seine Arbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Von überparteilichem Konsens, von gemeinsamen Gesetzesinitiativen zum Schutz des Klimas aber ist in Amerika längst keine Rede mehr. Im Gegenteil: Erneut findet sich Michael Mann in Washington auf der Anklagebank wieder. »Offene Fragen rund um den Hockeyschläger« heißt die Anhörung, zu der ihn dieses Mal der Energieausschuss einlädt. Mann weiß, es gibt keine offenen Fragen, seine Ergebnisse sind unstrittig. Trotzdem ist er nervös.

Vor dem Rayburn House, dem Sitz des Repräsentantenhauses, stehen die Übertragungswagen aller wichtigen Sender. Mann steigt die Treppe hinauf, Kameramänner laufen neben ihm her, Journalisten mit Mikrofonen und Diktiergeräten. Mann ist gerade zum ersten Mal Vater geworden, sein Vertrag an der Universität ist noch nicht entfristet. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er einen Anwalt kontaktiert. Es geht für ihn jetzt nicht mehr nur um Wissenschaft. Es geht um seine Existenz.

Drei Stunden dauert die Anhörung. Ein Statistiker, der bislang nichts mit Klimaforschung zu tun hatte, beschreibt Mann als Drahtzieher einer internationalen Verschwörung, ein früherer Industrieberater behauptet, Mann habe unsauber gearbeitet.

Während Michael Mann versucht, die Angriffe abzuwehren, verfolgt Marc Morano das Schauspiel aus dem Zuschauerraum. Er weiß: Wenn er Mann und seinen Hockeyschläger erledigt, dann erledigt er den Weltklimarat. Dann erledigt er jedes Gesetz, das künftig das Verbrennen von Öl, Gas oder Kohle verteuern könnte.

Als sich der Saal in Washington leert, steuert Morano auf Mann zu. Lächelnd streckt er den Arm aus, Mann gibt ihm höflich die Hand. Morano muss heute noch lachen, wenn er daran denkt: »Der wusste nicht einmal, wer vor ihm steht.«

Am Ende bringt die Anhörung keine neuen Fakten. Die American Geophysical Union, die American Meteorological Society und 30 weitere wissenschaftliche Vereinigungen springen Mann in den folgenden Tagen zur Seite. Der Zweifel aber bleibt.

Wenn sich Mann heute in seinem Büro in der Pennsylvania State University an das Verhör in Washington erinnert, muss er tief durchatmen. Längst weiß er, wer Marc Morano ist. »Diese Leute sind Zyniker«, sagt er. »Mir ist klar, dass Morano mich nicht persönlich meint. Er will mich nur einschüchtern. Er will ein ganzes Fach einschüchtern.«

Mann spricht leise, sein Gesicht ist blass. Im Dezember wird er 47, aber er hat noch immer die Scheu eines Mannes, der sich im Labor wohlerfühlt als unter Menschen.

Michael Mann mag es, in den Wäldern von Pennsylvania zu wandern, er mag die Ruhe des Universitätsstädtchens State College, an dessen Rand er mit seiner Frau, einer Biologin, lebt. Es gefällt ihm, dass der Strom in seinem kleinen Haus durch Windkraft erzeugt wird.

»Haben Sie mal von der Serengeti-Strategie gehört?«, sagt Mann. »Die Raubtiere in der Serengeti erlegen ihre Beute, indem sie ein Tier an den Rand der Herde treiben, und wenn sie es isoliert haben, töten sie es.«

Es ist das Jahr 2009, die Finanzkrise hat auch die Medienunternehmen erreicht. Verlage und Fernsehsender verkleinern ihre Redaktionen, jeder dritte amerikanische Nachrichtenjournalist verliert seinen Arbeitsplatz, wer übrig bleibt, hat kaum noch Zeit, um Fakten zu prüfen. CNN löst seine gesamte Wissenschaftsredaktion auf, der Wetteransager Chad Meyers ist nun der Experte für den Klimawandel. Meyers sagt: »Es ist anmaßend, zu denken, wir Menschen könnten das Wetter so stark beeinflussen.«

Was schlecht ist für Leser und Zuschauer, ist gut für Marc Morano: Viele Redaktionen gehen jetzt dazu über, jede Meinung mit einer Gegenmeinung zu neutralisieren. Jede Aussage eines Klimawissenschaftlers ergänzen sie mit der Aussage eines Klimawandel-Leugners – so sparen sie sich die Antwort auf die Frage, was richtig ist und was falsch.

Marc Morano hat in seinem Laptop mehrere Tausend E-Mail-Adressen von Journalisten gespeichert, in 19 verschiedenen Listen, sortiert nach »Zeitungskolumnisten«, »Fernsehmoderatoren«, »Überregionale Wissenschaftsredakteure« (»Die sind nicht so zugänglich für meine Themen«) oder »Lokalzeitungen« (»Die nehmen immer gerne etwas«).

Es ist der 17. November 2009, Michael Mann feiert mit seiner Familie Thanksgiving, als sich um 21.57 Uhr eine Person mit dem Pseudonym »FOIA« auf dem Blog Air Vent zu Wort meldet. FOIA nennt die Internetadresse eines Servers, von dem man 1.000 private E-Mails der berühmtesten Klimawissenschaftler herunterladen könne, unter ihnen Michael Mann.

Was ist geschehen? Unbekannte haben den Server der Klimaforschungsabteilung der britischen University of East Anglia gehackt und private E-Mails und Dokumente heruntergeladen. Das alles steht nun aufbereitet im Netz, pünktlich zur UN-Klimakonferenz, die Anfang Dezember 2009 in Kopenhagen beginnen wird.

Marc Morano fährt damals gerade auf dem Rücksitz eines Mietwagens den Pacific Coast Highway hinauf, als sein Handy klingelt. Er ist in Kalifornien, um dort Stimmung zu machen gegen ein neues Umweltgesetz. Ein Bekannter erzählt ihm von den gehackten E-Mails. Irres Zeug sei dabei. Michael Mann zum Beispiel schreibe in einer E-Mail, dass er einen »trick« benutze, um das Sinken der Temperatur zu verdecken. Einen Trick! Heißt das nicht so viel wie: Der ganze Klimawandel ist eine gigantische Fälschung?

Schnell hat der vermeintliche Skandal einen Namen: Climategate. Marc Morano richtet im Internet einen sogenannten Feeder ein, ein Programm, das ihm sämtliche Nachrichten über die Forschermails meldet. Er sammelt Überschriften und bündelt sie auf seiner Website climatedepot.com, die mit 1.700 anderen Seiten verbunden ist. Er tippt: »Der größte Skandal der modernen Wissenschaft!« Andere Blogger verknüpfen seine Texte mit anderen Seiten, und deren Betreiber wieder mit anderen. Fieberhaft arbeitet Morano die Nacht hindurch, bis »Climategate« wie ein dichtes Netz das Google-Universum durchzieht. In nur zwei Wochen verbreitet sich die Geschichte von den vermeintlich betrügerischen Klimaforschern auf mehr als 25 Millionen Internetseiten weltweit.

Kaum ein Journalist hat die Originaltexte der E-Mails gelesen, aber fast alle Medien übernehmen dankbar Moranos Interpretation: »Der letzte Nagel im Sarg der globalen Erwärmung«. Fox News beschwört tagelang »das Waterloo der globalen Erwärmung«, die britische Tageszeitung Daily Telegraph warnt: »Wenn Sie Aktien in Firmen für erneuerbare Energie besitzen, dann verkaufen Sie sie JETZT.« Sogar das renommierte Magazin The Atlantic schreibt angewidert: »Der Gestank von intellektueller Korruption ist übermächtig.«

Die Weltklimakonferenz in Kopenhagen endet ergebnislos. Das lang erwartete, vom neuen US-Präsidenten Barack Obama vorbereitete Klimaschutzgesetz scheitert im amerikanischen Senat.

Wenige Wochen später, im Frühjahr 2010, sprechen parlamentarische Untersuchungsausschüsse in Amerika und Großbritannien die Forscher von allen Vorwürfen frei: Die belastenden Zitate wurden aus ihrem Kontext gerissen, Michael Mann hat mit dem Wort »trick« lediglich die zulässige Lösung eines statistischen Problems beschrieben, in den Datensätzen finden sich keine Hinweise auf Manipulation. Auch diese Meldung erscheint in den Zeitungen, aber irgendwo auf den hinteren Seiten.

Nicht einmal jeder zweite Amerikaner glaubt jetzt noch an den Klimawandel.

»Morano hat ganze Arbeit geleistet«, sagt Michael Mann im Herbst 2012 in seinem Büro. Morano hat die Erzählung der Leugner verändert. Die Klimaforscher sind nicht mehr bloß im Unrecht – sie sind jetzt Kriminelle, die bewusst betrügen. Große Teile der Öffentlichkeit glauben ihm.

Im August 2010 öffnet Mann in seinem Büro einen Brief. Weißes Pulver rieselt ihm entgegen. Die Polizei evakuiert das Gebäude: Verdacht auf einen chemischen Anschlag, das FBI ermittelt. Das Pulver stellt sich als Mehl heraus, aber Mann dämmert, dass sein Leben nie wieder so wie früher sein wird.

Die Commonwealth Foundation, eine Stiftung aus Philadelphia, die sich für »den freien Markt« einsetzt, fordert die Pennsylvania State University auf, Michael Mann zu feuern. Beinahe täglich organisiert sie Demonstrationen auf dem Campus. Eine von der Kohleindustrie finanzierte Gruppierung ruft auf Facebook dazu auf, Manns Vorlesungen zu boykottieren, auf YouTube kursieren Videos, die ihn mit einer singenden Karikatur lächerlich machen – produziert von einer PR-Firma der Republikaner in Washington. Wenn Mann Vorträge hält, sitzen auf einmal Leute im Publikum, die Schlingen zum Aufknüpfen in die Luft halten. Mann lässt sich eine neue Telefonnummer geben. Später wird er sagen: »Die meisten Drohbriefe habe ich meiner Frau verschwiegen.«

Gemeinsam mit anderen Klimaforschern betreibt Mann jetzt eine eigene Website, realclimate.org. Sie kontern jeden Vorwurf und sind doch hoffnungslos unterlegen: Die Wissenschaftler müssen jede Aussage beweisen, ihre Gegner behaupten, was sie wollen. Die Wissenschaftler sind zu akademischer Langsamkeit gezwungen, ihre Gegner brauchen nur einen Internetanschluss. So treibt ein kleiner Trupp von Radikalen die internationale Wissenschaft in die Defensive, ein von Zeitungen und Fernsehen aufgepumpter Scheinriese, dessen Helfer sich inzwischen auch in der staatlichen Justiz finden.

Ken Cuccinelli, der Generalstaatsanwalt von Virginia, leitet im Jahr 2010 ein Gerichtsverfahren ein, um zu klären, ob Michael Mann der akademische Titel entzogen werden könne. Cuccinelli, ein Republikaner, fordert die Universität von Virginia, Manns ehemaligen Arbeitgeber, auf, sämtliche E-Mails, Dokumente und Daten von Mann herauszugeben. Erst im März 2012 stellt sich das Gericht auf Manns Seite.

Drei Monate später, am 4. Juni 2012, steht Michael Mann in einem blauen Fernsehstudio des Senders MSNBC, die Show heißt Now with Alex Wagner. Mann lehnt konzentriert an einem Stehpult, er sagt: »Seit Jahren versuchen industriefinanzierte Kampfgruppen, mich zu diskreditieren, mit einem einzigen Ziel: politisches Handeln zu verhindern.«

Seit Anfang dieses Jahres tourt er durch Fernsehsendungen und Universitäten, gibt Radio- und Zeitungsinterviews. Mann hat aus seiner Geschichte ein Buch gemacht, Der Hockeyschläger und die Klimakriege. Es sind kleine Radiosendungen, kleine Zeitungen, die sich für ihn interessieren. Er produziert keine großen Schlagzeilen, aber er formuliert präzise und klar.

Michael Mann hat die öffentliche Bühne betreten, um Marc Morano auf seinem eigenen Gebiet zu schlagen: der Kommunikation. Mann ist immer noch schüchtern, vor der Kamera drückt er den Rücken steif durch, aber er will sich jetzt endlich wehren.

Vor Kurzem hat er wieder eine anonyme E-Mail erhalten: »Sie und Ihre Kollegen sollten erschossen, gevierteilt und an die Schweine verfüttert werden, gemeinsam mit Ihren verdammten Familien«, stand darin. Wenn Mann öffentlich auftritt, wird er inzwischen von Polizisten bewacht. Mehrere seiner Kollegen haben ihre Büros in Sicherheitstrakte verlegt, deren Türen sich nur mit Geheimnummern öffnen lassen.

Warum tut er sich das alles an?

Mann erzählt von seiner siebenjährigen Tochter. »Für sie«, sagt er, »ist dieser Kampf notwendig. Und für ihre Kinder.«

Auch Manns Gegner denken an die Kinder. Das Heartland Institute hat einem Berater des Energieministeriums 100.000 Dollar bezahlt, damit er einen alternativen Lehrplan zusammenstellt, der Schulkindern erklärt, dass der Klimawandel nicht bewiesen sei.

Marc Morano widmet sich inzwischen ganz dem Kampf gegen die erneuerbaren Energien. Er sagt: »Das Thema Erderwärmung ist in Washington durch.« Doha ist die erste Klimakonferenz, zu der er gar nicht erst hinfährt. Er hält den Krieg für gewonnen.

Nur in Europa sind die Klimaleugner noch in der Defensive. Fred Singer, der inzwischen 88-jährige Verkäufer des Zweifels, fliegt jetzt oft über den Atlantik, vor allem nach Deutschland. Hier glauben die meisten Leute noch an die Ergebnisse der Wissenschaft. Singer will das ändern.

Im September 2010 war er auf Einladung der FDP im Deutschen Bundestag zu Gast. Die umweltpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Marie-Luise Dött, zeigte sich beeindruckt: »Ich fand Ihre Ausführungen, Professor Singer, sehr, sehr einleuchtend und sehr schön amerikanisch vorgetragen«, sagte sie laut Zeitungsberichten. Die Frage sei nun, wie man die Politik auf einen anderen Kurs bekomme, die Skeptiker bräuchten »gesellschaftliche Mehrheiten«.

Dött sei falsch zitiert worden, heißt es später aus der CDU. Für Singer hätte es dennoch kaum besser laufen können.

In diesen Tagen, im November 2012, reist er wieder nach Deutschland, wo das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE) eine Konferenz in München abhält, wie immer mit Unterstützung des Committee for a Constructive Tomorrow, des Arbeitgebers von Marc Morano.

»Wir werden im Bayerischen Hof tagen, mit einer internationalen Besetzung vom Feinsten«, sagt Horst Lüdecke. Neben Singer werde jemand vom Heartland Institute reden. Eine kanadische Bloggerin werde ihr neues, kritisches Buch über den Weltklimarat vorstellen.

Horst Lüdecke ist der Pressesprecher von EIKE, ein 70-jähriger emeritierter Physikprofessor, der sich seit seiner Pensionierung mit dem Klima beschäftigt. »Ich habe mich selbst in die Materie eingearbeitet«, sagt er stolz.

Im Fachbeirat von EIKE sitzen ein Journalist und ein Forstwissenschaftler, der Präsident ist ein Historiker, der zweite Vorsitzende ein Elektroingenieur, der bei Vorträgen gerne das Horrorszenario einer Ökodiktatur beschreibt: keine Heizung, keine Autos, keine Fabriken.

»Wir sind fast alle Rentner«, sagt Lüdecke.

Das »Institut« hat keine Büroräume, nur ein Postfach in Jena, trotzdem ist die EIKE-Website die wichtigste deutsche Plattform der Klimaleugner: Ein blauer Himmel mit Schäfchenwolken spannt sich über eine saftige Wiese. Das blau-gelbe Logo mit dem Sternenkranz erinnert an das EU-Signet, alles wirkt freundlich, seriös, wissenschaftlich. Man findet Links zu amerikanischen Websites wie der von Marc Morano oder zu klimaskeptiker.info, dem »Forum gegen die Irrlehren von Treibhauseffekt und Klimaschutz«.

Seit Kurzem ist das 2007 gegründete EIKE als gemeinnütziger Verein eingetragen. Das Institut darf jetzt offiziell zu Spenden aufrufen.

Wer spendet für EIKE? »Das ist geheim«, sagt Lüdecke. Wie viele Mitglieder hat der Förderverein? »Alles kann gegen uns verwendet werden«, sagt er mit gesenkter Stimme, man habe jedoch beste Kontakte zu Abgeordneten aller Parteien. Zu wem genau? Lüdecke schüttelt verschwörerisch den Kopf. »Zu brisant!«

Man könnte die deutsche Leugnerszene als harmlos belächeln, hätte nicht vor Kurzem ein politisches Schwergewicht die Bühne betreten.

Fritz Vahrenholt ist SPD-Mitglied. Er war mal Umweltsenator in Hamburg, Ende der neunziger Jahre wechselte er als Manager zum Ölkonzern Shell, später zum Energiekonzern RWE, heute sitzt er im Aufsichtsrat des Tochterunternehmens RWE Innogy.

Noch im Jahr 2006 befand RWE in einem Rechtsstreit mit Greenpeace, der Klimawandel sei nur »eine subjektive Wahrnehmung einer angenommenen Gefahr, die weder konkret noch gegenwärtig« sei. Ein Jahr zuvor hatte ein amerikanischer PR-Berater für RWE ein Strategiepapier zur Bekämpfung der Energiewende verfasst. Er empfahl, eine »Koalition mit anderen interessierten Konzernen« zu schmieden und von Amerikanern wie Marc Morano zu lernen.

Anfang Februar dieses Jahres veröffentlichte Vahrenholt im renommierten Verlag Hoffmann und Campe das Buch Die kalte Sonne. Vahrenholt behauptet nicht, die Klimaforscher seien Betrüger, aber er suggeriert, sie seien dümmer als er. In Wahrheit erwärme sich die Erde wesentlich langsamer als bisher angenommen. Er, Vahrenholt, habe das herausgefunden.

Als das Buch erscheint, startet die Bild-Zeitung eine große Serie über »Die CO₂-Lüge«. Vahrenholt wird ausführlich im Spiegel interviewt, der ZEIT ist er eine Titelgeschichte wert, er sitzt in den Talkshows Maybrit Illner im ZDF und Unter den Linden auf Phoenix. Der Hessische Rundfunk lädt ihn zum Gespräch, der Norddeutsche Rundfunk, der Südwestrundfunk.

Fritz Vahrenholt ist der prominente, vermeintlich seriöse Experte, auf den die deutschen Klimaskeptiker gewartet haben.

Als Vahrenholt am 20. September dieses Jahres vor den goldstrahlenden Altar der Dresdner Frauenkirche tritt, breitet er die Arme aus und lächelt gütig. »Ich habe eine gute Botschaft für Sie«, sagt er: »Seit 14 Jahren gibt es keine Temperaturerhöhung mehr, jetzt kühlt sich zudem die Sonne ab, das heißt, die Temperatur wird weiter fallen.« Dann ruft er ins Publikum: »Der berühmte hockey stick – alles falsche Messungen!«

Vor ihm sitzen Pensionäre in teuren Wanderjacken und nicken zustimmend. »Das Ende der Gewissheit« heißt die Veranstaltungsreihe der sächsischen Staatskanzlei. Vahrenholt befindet sich in guter Gesellschaft: Innerhalb der Vortragsreihe sprechen der ehemalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, Verteidigungsminister Thomas de Maizière, der Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei von den Grünen, die österreichische Schriftstellerin Kathrin Röggla.

Vahrenholt wird an diesem Abend als Wissenschaftler vorgestellt, als Experte für Klimafragen, als Umweltpolitiker, als Manager, als Buchautor.

Mit keinem Wort wird erwähnt, dass er eine Außenseitermeinung vertritt. Dass Fachjournalisten sein Buch als das populistische Werk eines Laien verrissen haben.

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Ein paar Studenten stellen kritische Fragen, aber Vahrenholt hat für jedes Argument eine Studie, für jede These eine passende Zahl parat. Welche Studien, welche Zahlen seriös sind, geht unter. Am Ende sieht es aus, als säßen dort unten ein paar Spinner, als stünde dort oben vor dem Altar ein klar denkender Mann, der alles verstanden hat.

Als Fritz Vahrenholt in Dresden spricht, liegt der Tag, an dem Michael Mann und seine beiden Kollegen das »Hockeyschläger-Diagramm« veröffentlichten, 14 Jahre zurück. In diesem Zeitraum ist der jährliche Ausstoß von Kohlendioxid auf der Welt um mehr als 40 Prozent gestiegen.

Alle Zitate stammen von Marc Morano oder seiner Website »climatedepot.com«

Der UN-Klimavertrag von Rio erweist sich als zahnloser Papiertiger mit fatalen Folgen für die Menschheit. Ob fahrlässige Fehlkonstruktion oder perfide Absicht – er ist die Ursache für die Malaise internationaler Klimapolitik. Jetzt hilft nur noch ein kompletter Neustart. Und ein Ende des Klimagipfelzirkus.

Eine Klimakonferenz im OPEC-Land Katar wirkt ungefähr so deplaziert wie eine Erotikmesse im Petersdom. Gläserne Wolkenkratzer, künstliche Inseln und die gigantische Infrastruktur der Ölindustrie – bräuchte es noch Sinnbilder für die Verschwendungssucht der Menschheit und der Macht der Petrodollars, so fände man sie hier. Und wer schon mal ein Blick die Welt von morgen werfen möchte, der braucht nur ein paar Kilometer aus der Stadt rausfahren. 40° C im Schatten, wobei es nirgends Schatten gibt. Ausgedörrte Einöde so weit das Auge reicht.

Tolle Kulisse für großes Kino also. Und genau der richtige Zeitpunkt für einen allerletzten Klimagipfel.

https://i0.wp.com/www.conservapedia.com/images/1/11/Industrial_Gas_Oil_Qatar.jpgClick for the original image

(Quelle: Google Images)

Vor genau 20 Jahren unterschrieb die Weltgemeinschaft die Klimarahmenkonvention, vor 15 Jahren wurde das Kyoto-Protokoll beschlossen, in diesem Jahr endet es. Was wurde bis dato erreicht? Nichts oder sogar noch weniger. Die Emissionen sind trotz Wirtschaftsflaute auf einem Rekordniveau, Klimaschutz gilt weitläufig als teure Ökospinnerei, ein verbindlicher Klimavertrag steht in den Sternen. Selbst ambitionierte Länder wie Deutschland und Brasilien fallen derweil zurück in egoistische Interessenpolitik, während die Blockierer mehr und stärker werden. So wundert es auch nicht, dass selbst kleine Fortschritte  inzwischen wieder kassiert werden. Gleichzeitig schwindet die letzte Hoffnung auf eine Trendwende, während sich die schlimmsten Befürchtungen zur Gewissheit verdichten. Ein Temperaturanstieg  von 4° C gilt inzwischen als wahrscheinlich. Kaum vorstellbar, was dies wirklich bedeutet. Schon jetzt schmilzt die Arktis dahin. Bei derzeit 0,8 °C über dem Durchschnitt.

Fazit: “Total defeat, no moral victories.” , wie es Bill McKibben¹ ausdrückte.

Deswegen mein Vorschlag, auch wenn es nach Häresie klingt: In Doha sollte man die UN-Klimapolitik in Würde beerdigen. Die Klimarahmenkonvention war von Anfang an zu vage, zu unverbindlich und zu unambitioniert. Zu viele „Strickfehler“. Der eigentliche „Killer“ war jedoch das Konsensprinzip. 193 Staaten sollten einstimmig das Ende von Öl und Kohle beschließen! Die OPEC, Russland, die Vereinigten Staaten inklusive. Wer hat eigentlich je an diesen Unsinn geglaubt? Das wäre dasselbe, als wollte man McDonalds das Bulettenbraten verbieten.

Dann also lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Um dieser historischen Niederlage einen würdigen Rahmen zu verleihen, könnte man den Klimavertrag von Rio zum Beispiel an der Gasfackel einer Ölplattform verbrennen. Und der Emir von Katar könnte dazu eine Trauerrede halten. Das wäre von seiner Seite nicht einmal zynisch, denn auch er müßte traurig sein. Zu schön war „business-as-usual“, legitimiert durch eine wirkungslose Klimadiplomatie und die fatale Naivität der Klimaschutzbewegung.

Die Lehre aus der Geschichte?

Im besten Fall bleibt die Erinnerung an 20 schicke Klimakonferenzen mit teilweise hohem Urlaubswert. Bali, Cancún, Marrakesch.…Wer nicht dabei war, sieht wohl eher 20 verschwendete Jahre im Glauben an eine schöne Illusion. Doch noch bitterer wäre es, sollte folgende Vermutung wahr sein: Die Klimarahmenkonvention war nicht nur ein Dokument mit ein paar fahrlässigen Mängeln, sondern ein von vornherein bewusst kalkuliertes Blockadeinstrument jener Länder, die ihre Interessen von Klimaschutz bedroht sahen. Und bis heute hat das niemand gemerkt. Ein ungeheuerlicher Verdacht, aber was spricht eigentlich dagegen?

So oder so, bitte macht einfach Schluß mit Klimagipfeln!

¹ Bill McKibben ist Gründer der Organisation 350.org.

Der US-Wahlkampf ist vorbei, Obama hat gewonnen und alle Klimaschützer atmen auf. Das ist falsch! Denn das Siechtum internationaler Klimapolitik und die Illusion eines „grünen“ Kapitalismus werden damit weitergehen.

Ein kontroverser Beitrag zur Klimadebatte:

Amerika ist ein Albtraum für Klimaschützer. Das Land hat die dritthöchsten CO2 Emissionen pro Kopf, international agiert es als Blockierer von Klimaabkommen. Tonnenschwere Allradfahrzeuge, fleischlastige Ernährung und Konsumwahn gelten als „way of life“. Und keine Besserung in Sicht, im Gegenteil. Die Klimadebatte in den USA ist festgefahren in ideologischer Erstarrung und Ignoranz. Klimaschutz gilt weitläufig als kommunistische Verschwörung und als Vernichter von Arbeitsplätzen.

Mit Romney wäre alles nur noch schlimmer geworden, so die Meinung unter Klimaschützern. Kurzfristig ja-langfristig nein, behaupte ich. Man mag mich für diese Gedanken für verrückt erklären, aber die bittere Wahrheit ist doch die folgende:

Klar, Romney hätte die Blockade der Klimaverhandlungen verschärft, er hätte die amerikanische Umweltbehörde EPA abgeschafft, die Pipeline zur Ausbeutung kanadischer Ölsande genehmigt, die Entstehung grüner Industrien zugunsten der Öl- und Kohlelobby unterdrückt etc.. Kurz, das Thema nationaler wie internationaler Klimapolitik wäre für mindestens 4 weitere Jahre auf Eis gelegt und die Emissionen der USA wie global weiter ungebremst angestiegen.

Aber was war und ist an Obama´s Klimaschutzpolitik wirklich besser? Auch Obama steht für die Verschwendungssucht und den Ölhunger des „American Way of Life“. Auch er ist letztendlich ein Produkt der Wallstreet. Auch er hat den Klimaschutz klammheimlich beerdigt. Er schürt lediglich die Hoffnung auf eine schleichende „grüne“ industrielle Revolution und tendenziell größere Kompromissbereitschaft zugunsten eines internationalen Klimaabkommens.

Dennoch oder gerade deswegen- das Siechtum internationaler Klimapolitik wird einfach weitergehen. Der Unterschied zwischen den beiden Kandidaten: Obama ist Pflegestufe 3 , Romney ist Palliativstation.

Dabei braucht es eine Politik ganz anderer Dimension, um die kommende Megakrise eines sich selbst beschleunigenden Klimawandels noch irgendwie im Zaum zu halten. Dringend nötig wäre eine rasche Dekarbonisierung der Wirtschaft, die Abkehr vom neoliberalen Wachstumszwang, die Aufgabe nationaler Interessen- und Klientelpolitik zugunsten globaler Gerechtigkeitspolitik. Und Amerika als dessen Vorreiter.

Die Realität ist business-as-usual, während die Klimabombe tickt.

Deswegen braucht es dringend ein radikales Umdenken und das Ende zweier großer Illusionen.

1. Das Ende der Illusion, dass es jemals eine globale und ambitionierte Klimapolitik geben wird, die der Dynamik und den Folgen des Klimawandels gerecht wird.  

2. Und es braucht das Ende des neoliberalen Wirtschaftsmodells, für das insbesondere die USA als zweifelhaftes Vorbild dienen.

Diese Einsicht wird sich weder durch kollektive Vernunft, noch durch die Warnungen einer kritischen Minderheit und schon gar nicht durch eine moderate Politik á la Obama durchsetzen.  Zu groß ist die Macht von Big Oil & Co., der Einfluss von Marketing und Medien und die Gewohnheit der Konsumenten. Und zu groß die Versuchung der Umweltorganisationen, auf eine Wende der kleinen Schritte zu hoffen und weitere Jahre für Systemkosmetik zu vertrödeln.

Was es braucht, ist ein radikaler Wandel, ein neues Gesellschaftsmodell auf der Basis eines konsequenten Humanismus, globaler Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit. Oder als Umkehrschluss, es braucht den  Kollaps des neoliberalen Modells als Verursachers der Klimakrise.

Warum aber sollte in diesem Sinne nun ausgerechnet Romney die bessere Wahl sein?

Das „alte“ Amerika ist ein zerrissenes, an sich selbst krankendes Land. Gigantische Militärausgaben, ein dramatisches Defizit öffentlicher Finanzen, ein drohender Handelskrieg mit China, eine aufgeblähte Finanzindustrie, ideologischen Grabenkämpfe, extreme Ungleichheit von Einkommen und Eigentum, demokratische Institutionen in den Händen von Lobbyisten und Wall Street, eine bedrohliche Schieflage seiner Handelsbilanz etc. Die Krise ist systembedingt und wird definitiv schlimmer, fraglich ist nur der Zeitpunkt des Kollapses. Romney hätte den ökonomischen und sozialen Selbstmord Amerikas höchstwahrscheinlich um einiges beschleunigt. Und damit das Ende an den Glauben der neoliberalen Wachstumsideologie.

Auch wenn es zynisch klingt- im Sinne der Klimakrise ist dies eine große Chance. Je schneller der Ruin, um so schneller die Chance zur radikalen Reform. Dieses Land, wie auch der Rest der Welt,  braucht nicht nur eine Reform seiner Institutionen und politischen Kultur, es braucht eine komplette Generalüberholung seiner Werte, eine kulturelle Revolution. Ob die USA dabei endgültig als ökonomische Supermacht untergehen oder als Vorreiter einer postkapitalistischen Gesellschaft wiedergeboren werden, steht in den Sternen. So oder so, es wird dem Rest der Welt eine unmissverständliche Botschaft vermitteln.

Die Frage ist nur, ob es für Klima und Ökosysteme bis dahin noch nicht zu spät ist.

Und deshalb hätte das Klima lieber Romney gewählt.

M. Schwarz