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—-  Ein Artikel von Peter Hartmann und mir. —–

Unter dem Titel „Energiepolitischer Appell“ veröffentlichte Mitte August eine Allianz aus Vertretern der deutschen Atomwirtschaft und anderen Großkonzernen eine großangelegte Anzeigenkampagne in diversen deutschen Tageszeitungen. Offiziell ging es um „eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung“ und „die Sicherung der Lebensgrundlagen von morgen“. Um nicht den Eindruck zu erwecken, es ginge ausschließlich um die „Lebensgrundlagen“ von RWE & Co., wurde zeitgleich mit dem Atomappell eine Online-Unterschriftenaktion gestartet. Man wollte offensichtlich beweisen, dass es auch in der Bevölkerung eine breite Unterstützung für Laufzeitverlängerungen gibt.

Hier das Link ….

Auch wenn ein roter Liveticker auf der Webseite des Atomappelles  suggeriert, dass es  einen steten und mächtigen Zustrom neuer Unterstützer gibt, so ist die tatsächliche Zahl von Unterschriften doch recht überschaubar. Seit Tagen dümpelt der Wert um die 16.000 rum.

Noch schmalbrüstiger wird diese PRO-Atompetition, wenn man genau hinschaut, wo die Unterstützerszene denn so herkommt und was sie antreibt. Ist es „Mut und Realismus für Deutschlands Energiezukunft“?

Oder was sonst treibt die PRO-Atombewegung an?

Ein erster Hinweis ist ein Spiegel-Artikel vom 18.9.10. Titel: „Biblis feiert den Atomdeal“ (pdf)

Alles nur ein Haufen Opportunisten, die um ihren gutbezahlten Job im AKW fürchten?

Hierzu eine kleine statistische Auswertung (Stand: 15.09.10)

Insgesamt hatten bis zum 15.September 13510 Menschen den Atomappell unterschrieben.

Die Auswertung der regionalen Verteilung (auf Basis von PLZ-Bereichen) ergibt folgende Ergebnisse:

1. Bei der absoluten Anzahl von Unterschriften liegt Essen auf Platz 1 (662 Unterschriften), gefolgt von Karlsruhe (252) , Düsseldorf (250), Hamburg (245) und Dortmund (225).

Nicht wirklich überraschend, denn die 4 Atomkonzerne haben eben genau dort ihre Firmensitze bzw. große Niederlassungen.

  • Essen: RWE AG Hauptsitz,  EO.N Ruhrgas AG
  • Karlsruhe: ENBW AG Hauptsitz
  • Düsseldorf: EO.N AG Hauptsitz
  • Hamburg: Vattenfall Europe Distribution und andere Konzernteile
  • Dortmund: RWE Vertrieb, RWE Dienstleistungen, RWE Netzservice u.a.

Fazit: Allein mehr als 10 % der PRO-Atomunterschriften kommt aus 5 Städten, in denen die 4 Atomkonzerne ihren Sitz oder mindestens eine große Zweigstelle haben.

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2. Nimmt man die relative Anzahl von Unterschriften im Vergleich zur Einwohnerzahl als Grundlage, ergibt sich folgendes Ergebnis:

Unterstützerdichte (Unterschriften pro 100.000 Einwohner), Rangfolge:

  1. Grundremmingen (1850) – AKW Standort
  2. Brokdorf (1262) – AKW Standort
  3. Bedburg (825) – RWE Gewerbepark & Braunkohleindustrie
  4. Neckarwestheim (813) – AKW Standort
  5. Biblis (737) – AKW Standort
  6. Niederaichbach (703) – AKW Isar
  7. Beidenfleth (631 )- Nachbarschaft zu AKW Brokdorf
  8. Neunkirchen (608) – Nachbarschaft zu AKW Obrigheim (abgeschaltet)
  9. Inden (573 ) – RWE Braunkohle
  10. ….
  11. Brunsbüttel (468 ) – AKW Standort
  12. Grafenrheinfeld (449 ) – AKW Standort

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3. Nicht nur AKW Standorte selbst zeigen hohe Unterstützerdichten, sondern auch Gemeinden in deren Umgebung.

Errechnet man den durchschnittlichen Anteil von PRO-Atom Unterzeichnern im Umkreis von 5 bis 30 km Entfernung von einem AKW, dann ergibt sich folgende Statistik:

Entfernung vom AKW

durchschnittl. Unterstützerdichte

Unterschriften pro 100.000 Einw.

5 km

135

10 km

97

20 km

57

30 km

40

Vergleich: Deutschland

16

4. Auch eine geostatistische Cluster-Analyse (ArcGIS Hotspot Analysis Algorithmus) zeigt einen deutlichen Zusammenhang von PRO Atom Ballungszentren in der Nähe von Kernkraftwerken, aber auch in den Braunkohlerevieren im Rheinland und in der Lausitz.

Unterzeichnerdichte: Hotspots (rot) & Coldspots (blau)

Unterzeichnerdichte: Hotspots rot & Coldspots blau (zum Vergößern auf das Bild klicken, als PDF)

4. Noch deutlicher wird der Zusammenhang am Beispiel der Kernkraftwerke Brokdorf und Brunsbüttel.

(zum Vergößern auf das Bild klicken, als PDF)

Schön zu sehen. Die meiste Unterstützung gibt es in Brokdorf und Brunsbüttel selbst sowie in den angrenzenden Orten rechts der Elbe. Auf dem anderen Elbufer und damit verkehrstechnisch von den AKW´s weit entfernt-kaum eine Handvoll Unterschriften.

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Fazit: Alles deutet darauf hin, dass die Mehrheit der Unterstützer aus den Reihen der Atomkonzerne selbst kommt. Insofern geht es den Unterzeichnern mitnichten um  „die Sicherung der Lebensgrundlagen von morgen und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland“, wohl aber um die Sicherung hoher Profite und Gehälter sowie die „Zukunftsfähigkeit“ der Strommonopolisten selbst.

Als repräsentatives Stimmungsbild aus der Mitte der Gesellschaft ist die Petition ganz klar ein Schuss in den Ofen. Oder einfach nur peinlich…..


P.S. Um Mißverständnissen vorzubeugen – Opportunismus ist verständlich und legitim, wenn es um den eignen Job geht. Aber wenn  milliardenschwere Konzerne politische Entscheidungen in ihrem Interesse beeinflussen können, dann sind wir am Ende von dessen, was wir Demokratie nennen.

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